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Für immer… und dann?
„Die Ehe von … ist nach x Jahren gescheitert“ liest man häufig in bunten Boulevardblättern, wenn sich eine Scheidung bei Promipaaren anbahnt. Ist das so? Ist eine Ehe, oder eine Partnerschaft, die endet, automatisch gescheitert? Ist es nicht vielmehr so, dass das Paar einige vermutlich sehr schöne Jahre miteinander verbracht hat? Wahrscheinlich tolle, innige Momente miteinander erlebt hat? Vielleicht heißgeliebte Kinder aus dieser Verbindung entstanden sind?
Laut Duden heißt scheitern „ ein angestrebtes Ziel nicht zu erreichen“, „misslingen“, „missglücken“. Wie kann etwas misslungen sein, das schön war, und gut? Nur weil es nicht „für immer“ ist? Ist eine Beziehung nicht eher dann misslungen oder gescheitert, wenn einer oder beide Partner dauerhaft unglücklich darin ist, auch wenn das Paar verheiratetet bleibt „bis dass der Tod es scheidet“?
Unbestritten können Beziehungen unschön enden, in Rosenkriege ausarten. Viele Paare wechseln kein Wort mehr miteinander, aus verletztem Stolz, Kränkung und auch aus der Scham heraus, „es nicht geschafft zu haben“. Sich selbst und anderen gegenüber eingestehen zu müssen, dass eine Beziehung zu Ende ist, wird häufig als eine persönliche Niederlage angesehen.
Fotos werden verbrannt, Erinnerungen gelöscht, der Name der/des Ex darf nie wieder in den Mund genommen werden, weil das Scheitern noch heute schmerzt. Wieviel einfacher wäre es doch, wenn wir versuchen würden, dankbar zu sein für die gemeinsame Zeit, die uns geschenkt wurde. Für alles Gute, das daraus entstanden ist. Die vergangene Beziehung einzureihen in eine Summe an Erfahrungen und Geschenken, die wir erleben durften.
Dieses Prinzip ist anzuwenden auf alle Lebensbereiche. Eine langjährige enge Freundschaft ist nicht weniger wert, nur weil sie irgendwann lockerer wird. Ein Beruf, der uns viel Freude bereitet hat, ist ein Teil unserer Geschichte, auch wenn wir uns irgendwann einer anderen Tätigkeit zuwenden. Unser eigener Anspruch darauf, dass manches ewig währen muss, damit es von Wert ist, engt uns ein.
Wenn wir uns bei einer Hochzeit anstatt des berühmten „bis dass der Tod uns scheidet“ versprechen würden, zusammen zu bleiben „solange wir mit Freude ein Paar sind“, würden sich wahrscheinlich viel mehr Paare dazu entschließen und es auch durchziehen.
Es würde der Druck wegfallen, einem geliebten Menschen etwas versprechen zu müssen, von dem man nicht weiß, ob es in einigen Jahren oder Jahrzehnten noch der eigenen Überzeugung entspricht und man auch dann noch mit reinem Herzen JA zum Partner oder zur Partnerin sagen kann.
Dann bleibt alles, was man für diese Beziehung tut, freiwillig, und ein Beziehungsende kann genau als das gesehen werden, was es ist. Ohne Groll oder Scham oder das Gefühl, versagt zu haben.