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„Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen!
„Nur die Harten kommen in den Garten“
„Was dich nicht umbringt, macht dich nur stärker“
Das sind nur einige der Sprüche, die wir zu hören bekommen, wenn wir das Gefühl haben, wir wissen nicht mehr weiter, die Welt steht Kopf, oder unsere Kraft scheint einfach auszugehen. Und da ist der absoluten Negativ-Klassiker „die Zeit heilt alle Wunden“ noch gar nicht dabei.
Ich begleite Menschen in schwierigen Situationen, und das natürlich immer mit dem Fokus auf eine mögliche Lösung. Aber für manche Ereignisse oder Umstände gibt es einfach keine Lösung, wie man sie sich vorstellt. Der Verlust eines nahestehenden Menschen zum Beispiel. Eine eigene schwere Krankheit oder die von Familienmitgliedern und Freunden, eine Trennung.
Das sind Situationen, die uns sprachlos zurücklassen, uns den Boden unter den Füßen wegziehen und uns ins Trudeln kommen lassen. Die uns die letzte Kraft rauben und uns für den Moment handlungsunfähig machen.
Vielleicht ist es aber auch die Summe aus vielen kleinen Enttäuschungen, Rückschlägen, Anstrengungen und Verletzungen, die uns irgendwann schwach und verwundbar fühlen lassen.
Was macht es mit diesen Betroffenen, beschwichtigende oder vermeintlich aufbauende Sprüche zu hören?
Zusätzlich zur schwierigen Situation wird damit suggeriert, dass alle andere „es“ schaffen würden, nur man selbst nicht. Man müsse nur ein bisschen die Zähne zusammenbeißen, dann könnte man auch endlich sehen, dass man aus Problemen lernen könnte, daran wachsen, härter werden.
Ich bin überzeugt, dass aus den zuvor genannten Sprüchen hauptsächlich Hilflosigkeit spricht. Hilflosigkeit nicht zu wissen, was man sagen soll. Es wird auf sogenannte Lebensweisheiten zurückgegriffen, weil eigentlich die Worte fehlen. In manchen Fällen fehlt aber tatsächlich auch einfach die Empathie.
Was also sagen, zu verzweifelten Menschen, wenn man nicht weiß, wie man Trost spenden soll? Am besten die Wahrheit:
„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie du dich fühlen musst.“ „Ich fühle mit dir.“ „Es berührt mich, dich so traurig zu sehen.“
Aber auch:
„Wie kann ich dir helfen?“, „ich bin für dich da“ und „nimm dir die Zeit, die du brauchst“
Damit wird die Situation nicht gelöst, aber der/die Betroffene bekommt das Gefühl, gesehen zu werden im Schmerz und in der Verzweiflung. Erhält die Gewissheit, dass es okay ist, dass es ihm/ihr im Moment schlecht geht und sich nicht zusammenreißen muss oder soll.
Die Zeit heilt nicht alle Wunden, aber die Zeit ermöglicht es uns, irgendwann die eingetretene Situation zu realisieren und anzunehmen. Und das funktioniert viel besser, wenn uns diese Phase der Traurigkeit und Niedergeschlagenheit zugestanden wird, anstatt sie mit hohlen Phrasen abzukürzen.